5 Highlights aus Bob Dylans ‘Bootleg Series’

Julian Mark
3 min readJun 7, 2023

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Bob Dylan in 1980. Photo by Jean-Luc via Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0.

Als Dylan-Fan fällt einem das Sammeln von Live-Aufnahmen und Raritäten nicht schwer: Bisher wurden über 20 Alben der sogenannten Bootleg Series veröffentlicht, auf denen in regelmäßigen Abständen unzählige Outtakes seiner gesamten Karriere zusammengestellt werden. Für diejenigen, die sich bei der großen Auswahl nicht entscheiden können, sind hier einige Alben, die ich besonders empfehlen kann.

Vol. 4: Bob Dylan Live 1966, The “Royal Albert Hall” Concert (1998)

Dieses Live-Album dokumentiert den Übergang von einer Galionsfigur der Folk-Szene zum elektrischen Dylan. Während das Akustik-Set der ersten Hälfte in einer äußerst intime Weise vorgetragen wird, verschreibt er sich in der zweiten Hälfte voll und ganz dem Rock’n’Roll, was beim Publikum allerdings auf große Ablehnung stößt. Der Moment, in dem ihm ein Mitglied des Publikums als „Judas!“ beschimpfte, ging als der wohl berühmteste Zwischenruf in die Musikgeschichte ein. Seine Reaktion? Die Aufforderung an die Band, „fucking louder“ zu spielen. Eines der unterhaltsamsten Live-Alben mit hervorragenden Interpretationen seiner bis dahin besten Songs.

Vol. 5: Bob Dylan Live 1975, The Rolling Thunder Revue (2002)

Die Konzerte der Rolling Thunder Revue gehören in meinen Augen zum absolut Besten, was aus seiner umfangreichen Live-Diskografie hervorgegangen ist. Die Setlist besteht aus einer brillanten Auswahl an im Original eher spärlich angelegten Akustiksongs, aber Bob und seine Band spielen sie mit einer derartigen Intensität, dass sie kaum wiederzuerkennen sind. Bei manchen Songs fühlt es sich fast schon so an, als würden die Verstärker jede Sekunde in Flammen aufgehen.

Vol. 8: Tell Tale Signs: Rare and Unreleased (1989–2006) (2008)

Dieses Album umfasst alternative Versionen und unveröffentlichtes Material aus einem Zeitraum von fast 20 Jahren. Da sich sein Sound in dieser häufig übersehenen Ära nicht dramatisch verändert hat, wirken die Aufnahmen allerdings stimmiger, als man vielleicht denken würde. Seine Songs der 90er-Jahre verbinden die reflektierenden Texte der 70er mit einer zeitlosen Klanglandschaft aus bluesigen Slide-Gitarren und einer Rock-orientierten Begleitband, die sie zu einer seiner angenehmsten Hörerlebnisse macht. Das unveröffentlichte Material aus dieser Zeit ist besonders beeindruckend, und einige Outtakes gefallen mir sogar besser, als die Originale.

Vol. 11: The Basement Tapes Complete (2014)

Während sich Bob nach seinem berüchtigten Motorradunfall 1966 aus dem Rampenlicht zurückzog, nutzte er die Zeit, um mit seiner früheren Begleitband (später The Band) über 100 verschiedene Blues-, Country- und Folk-Standards und Eigenkompositionen aufzunehmen, die zur Verwertung von anderen Interpreten geschrieben wurden. Obwohl es mit sechseinhalb Stunden das wahrscheinlich längste Album ist, das ich je gesehen habe und die Audioqualität nicht immer perfekt ist, macht genau das den Charme dieser Zusammenstellung aus. Bob zeigt sich wesentlich entspannter, als man es von ihm gewohnt ist. Es fühlt sich an, als ob man mit der Band im Keller sitzt, und ihnen beim Herumalbern zuhört. Die Atmosphäre, die dabei entsteht, hat etwas sehr Wohliges an sich und bietet sich ideal als Hintergrunduntermalung für die frühen Morgenstunden an.

Vol. 14: More Blood, More Tracks (2018)

Dieses Album enthält akustische Versionen der Songs auf Blood on the Tracks (1975), die zuvor aufgenommen, dann aber verworfen wurden, da sie zu sehr an seine Folk-Wurzeln erinnerten. Im Gegensatz zur offiziellen Version stützt sich Bob nicht auf seine Begleitband oder Produktions-Effekte, um der Musik einen volleren Klang zu verleihen. Die Songs sind langsamer, wesentlich minimalistischer arrangiert und werden meist nur von Bob mit seiner Gitarre und Mundharmonika vorgetragen. So klingen die ohnehin schon zurückgenommenen Kompositionen in dieser ursprünglichen Form noch intimer und erhalten teilweise sogar ein komplett neues Gefühl, weshalb es sich auf jeden Fall lohnt, hier mal reinzuhören.

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