The Velvet Underground: Alle Songs im Ranking

Julian Mark
8 min readMar 8

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Lou Reed, Sterling Morrison, John Cale, and Maureen Tucker in 1968.
Photo in the public domain via Wikimedia Commons.

Um gleich eines vorweg zu sagen: Meine Liebe zu The Velvet Underground ist unerschütterlich und es vergeht kaum eine Woche, in der ich nicht mindestens eines ihrer Alben durchhöre. Doch nicht einmal Lou Reed ist frei von Makeln und manche Songs sind einfach besser als andere. Dies ist also meine persönliche Rangliste.

37 — Lonesome Cowboy Bill (Loaded, 1970)

Ich hab nichts gegen Country-Musik und Lou Reed hat bewiesen, dass er eine Vielzahl an Genres gemeistert hat, aber dieser Song ist ein regelrechter Angriff auf Ohren und Verstand und er hat keine Liebe verdient.

36 — The Murder Mystery (The Velvet Underground, 1969)

Die Stimmen aller Bandmitglieder sind gleichzeitig und in verschiedenen Kanälen zu hören, sodass man das Mörder-Mysterium lösen kann, wenn man sich einzeln auf sie konzentriert. Leider hab ich es noch nicht geschafft, die neun Minuten durchzuhalten, ohne meine Lautsprecher aus dem Fenster werfen zu wollen.

35 — Beginning to See the Light (The Velvet Underground, 1969)

Die endlose Wiederholung des Songtitels grenzt ans Unerträgliche und der Kontrast zwischen Strophe und Bridge nimmt für mich jegliche Fahrt aus der Musik. Lediglich dem Outro kann ich etwas abgewinnen.

34 — I Found a Reason (Loaded, 1970)

Der „Bah-bah-bah“-Abschnitt ist wunderbar, aber ansonsten ist mir der Song einfach zu beliebig und gewollt. Mit solchen klischeebeladenen Liebesliedern tat Lou Reed seiner Band keinen Gefallen.

33 — Lady Godiva’s Operation (White Light/White Heat, 1968)

Was auch immer die Intention hinter diesem Song gewesen sein mag, mich erfüllt er selten mit Begeisterung. Die leiernde Viola hat was von einem Horrortrip und vor allem gegen Ende wird es einfach zu experimentell und unbehaglich für meinen Geschmack.

32 — New Age (Loaded, 1970)

Die sanfte Stimme von Doug Yule eignet sich hervorragend für einen Song wie diesen, aber so richtig gepackt hat er mich nie.

31 — Oh! Sweet Nuthin’ (Loaded, 1970)

Die melancholische Stimmung macht dies zu einem passenden Abschlusstrack des vierten Albums, aber ich hab nie verstanden, warum der Song so eine Popularität genießt. Doug Yules nölende Gesangsdarbietung geht mir nur auf die Nerven und das Crescendo verliert wegen seiner übermäßigen Länge jede Wirkung.

30— That’s the Story of My Life (The Velvet Underground, 1969)

Dieser Song hat das Potential, einem auf die Nerven zu gehen. Glücklicherweise ist er keine zwei Minuten lang und so gibt es kaum genug Zeit, um einen wirklich negativen Eindruck zu hinterlassen.

29 — I’m Set Free (The Velvet Underground, 1969)

Der Trommelrhythmus ist schlicht, aber so eindringlich und das Gitarrensolo hat etwas unvergleichlich Erhabenes an sich. Der Rest ist auch nicht schlecht, aber zu diesem Song kann ich mir vom Titel allein nie eine Melodie ins Gedächtnis rufen. Einen allzu großen Eindruck scheint er also nicht hinterlassen zu haben.

28 — Train Round the Bend (Loaded, 1970)

Als ich die Band und Lou Reed entdeckt hab, konnte ich mit verdrehten Gesangsdarbietungen wie dieser nie wirklich etwas anfangen. Mittlerweile hinterlassen mich gerade die Songs, in denen er komplett durchdreht, jedes Mal mit einem glückseligen Gefühl.

27 — Cool It Down (Loaded, 1970)

Lou Reeds klingt so affektiert, dass es irgendwie schon wieder cool ist. Auf der Demoversion der 45th Anniversary Edition kommt die rohe Energie in seiner Stimme allerdings um Längen besser zur Geltung.

26 — White Light/White Heat (White Light/White Heat, 1968)

Mir gefällt der schroffe Sound und das Jerry-Lee-Lewis-artige Klaviergeklimper gegen Ende. So richtig vom Hocker gerissen hat mich der Song aber nie.

25 — European Son (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Die Geburt des Noise-Rock. Echt erstaunlich, wie weit die Band ihrer Zeit voraus war. Aber es ist definitiv kein Song zum Zurücklehnen und Entspannen und es kommt selten vor, dass ich mir ihn mir von Anfang bis Ende anhöre.

24 — Here She Comes Now (White Light/White Heat, 1968)

Die sanft klingende Gitarre und der Mantra-artige Text geben diesem Song eine äußerst beruhigende Wirkung.

23 — I Heard Her Call My Name (White Light/White Heat, 1968)

Mit diesem Song packt einen die Band in der ersten Sekunde am Kragen und lässt bis zum Ende nicht los. Die Gitarre klingt, als würde sie zu Tode gefoltert werden und all die Rückkopplungen sind der absolute Wahnsinn. Ihre Live-Auftritte müssen ein echtes Erlebnis gewesen sein.

22 — Head Held High (Loaded, 1970)

Die völlig durchgedrehten Gesangsdarbietungen von Lou Reed machen einfach immer Spaß, auch wenn ich nicht immer dazu aufgelegt bin.

21 — The Black Angel’s Death Song (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Den Drang der Band, mit Songs wie diesem die Grenzen der Musik zu erweitern, muss man ihnen zugutehalten. Lou Reeds Sprechgesang hat definitiv seinen Reiz und die malträtierte Geige klingt sowohl schmerzhaft als auch irgendwie berauschend.

20 — Who Loves the Sun (Loaded, 1970)

Hier zeigt Lou Reed, dass er auch massentaugliche Popsongs im Stile der Beatles schreiben kann. Und man kann einfach nicht ignorieren, wie sehr die Stimme von Doug Yule nach George Harrison klingt. Obwohl ich die frühere Phase der Band bevorzuge, ist dies ein Song, auf den ich immer wieder gerne zurückkomme.

19 — Some Kinda Love (The Velvet Underground, 1969)

Wahrscheinlich einer der entspanntesten Songs im Katalog der Band. Lou Reeds nonchalanter Gesang ist wunderbar anzuhören und das phänomenale Zusammenspiel der beiden Gitarren verringert garantiert den Stresspegel.

18 — Jesus (The Velvet Underground, 1969)

Jesus stellt selbst ihre minimalistischsten Kompositionen in den Schatten und man merkt, dass ihre Texte gut sind, wenn sich immer dieselbe Phrase wiederholt und es mit jedem Mal besser wird. Kaum ein Song verstrahlt eine so behagliche Atmosphäre.

17 — After Hours (The Velvet Underground, 1969)

Lou Reed sagte, dieser Song sei so unschuldig und rein, dass er ihn unmöglich selbst singen könne. Und er hatte recht. Moe Tucker trifft vielleicht nicht jeden Ton, aber gerade das macht ihren Gesang so liebenswert. Die gesamte Komposition ist so ihrer Zeit voraus, der Song hätte glatt von einer Indie-Band der 2000er-Jahre stammen können.

16 — There She Goes Again (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Der wahrscheinlich herkömmlichste Song auf ihrem ersten Album, aber für mich ein absolutes Highlight mit Ohrwurm-Potential. Wer einen schlechten Tag hat, den versetzt dieser Song garantiert in gute Laune.

15 — Candy Says (The Velvet Underground, 1969)

Dieser Song war wirklich seiner Zeit voraus. Nicht nur in seinem herzzerreißenden Text über die transsexuelle Candy Darling, sondern auch was den zeitlosen Sound der Produktion angeht.

14 — Rock & Roll (Loaded, 1970)

Dieser Song hat gleich von der ersten Sekunde an so eine Energie, dass ich gar nicht anders kann, als mit dem gesamten Körper zu wippen. Mehr kann man sich von einer Hymne auf den Rock’n’Roll nicht wünschen. Gelobt sei der Rock’n’Roll.

13 — Run Run Run (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Dieser Song gehört nicht zu den ersten, an die ich bei The Velvet Underground denke. Aber ich kann ihm mittlerweile immer mehr abgewinnen. Allein das verzerrte Gitarrensolo ist so unkonventionell und seiner Zeit voraus und wer den Song einmal gehört hat, wird ihn nicht mehr aus dem Kopf bekommen.

12 — The Gift (White Light/White Heat, 1968)

Diese Spoken-Word-Vertonung einer skurrilen Kurzgeschichte ist der wahrscheinlich ausgefallenste Song der Band, und das soll was heißen. Dafür kommt ihr unwiderstehlicher Groove hier zu Geltung, wie in kaum einem anderen. Das unerbittliche Schlagzeug hat eine geradezu hypnotisierende Wirkung und es wird nie langweilig, Lou Reeds erstaunlichen Improvisationen an der Gitarre zuzuhören. Wem es gefällt, dem ist Gänsehaut bei ihrer Live MCMXCIII-Version aus dem Jahre 1993 garantiert.

11 — Sunday Morning (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Dieser zurückhaltende Folk-Song fängt auf einzigartige Weise das Gefühl ein, noch die letzten Züge des Wochenendes genießen zu wollen, während sich im Hinterkopf schon eine gewisse Unruhe um die bevorstehenden Tage breitmacht. Das minimalistische Arrangement gibt dem Song allerdings eine total beruhigende Wirkung. Die Celesta klingt wie die unschuldige Melodie einer Spieluhr und wer hätte gedacht, dass Lou Reed mit so einer sanften Stimme singen könnte? Wie das Wochenende ist der Song dann auch viel zu schnell vorbei.

10 — Sweet Jane (Loaded, 1970)

Sweet Jane hat die bildhafte Sprache eines Dylan-Songs und die Massentauglichkeit einer Beatles-Komposition. Lou Reeds nonchalante Gesangsdarbietung klingt absolut phänomenal und das Gitarrenriff ist eines der eingängigsten überhaupt. Ganz zu schweigen vom psychedelischen Intro, das meiner Meinung nach sogar zu einem eigenen Song hätte ausgebaut werden können.

9 — Femme Fatale (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Zugegeben, Nico gehört nicht zu den besten Sängerinnen der Welt. Aber kaum jemand strahlt so einen betörenden Charme aus wie sie. Ihre dunkle, beinahe ausdruckslose Stimme eignet sich perfekt für eine aus der Zeit gefallene Nummer wie diese. Als ich herausgefunden hab, dass sie im Berliner Grunewald begraben liegt, diente dieser Song als Soundtrack für meinen Spaziergang über einen der idyllischsten Friedhöfe der Stadt.

8 — Pale Blue Eyes (The Velvet Underground, 1969)

Es ist schon beeindruckend, dass Lou Reed einen herzzerreißenden Text wie diesen in eine so behagliche Melodie verpacken kann. Seine verhaltene Gesangsstimme klingt absolut phänomenal und strahlt in Verbindung mit der Gitarre eine unvergleichlich beruhigende Wirkung aus. Der gesamte Song klingt noch heute erstaunlich zeitgemäß. Kein Wunder, dass er zu den meistgespielten der Band gehört.

7 — I’ll Be Your Mirror (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Ich kann Nico endlos beim Singen zuhören. Ihre Stimme ist wie eine warme Decke an einem kalten Wintertag und scheint alles für einen kurzen Moment in Ordnung zu bringen.

6 — All Tomorrow’s Parties (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Der Song hat auf mich einen ähnlichen Effekt wie Tomorrow Never Knows von den Beatles. Der gesamte Rhythmus ist so fesselnd und eindringlich, beinahe meditativ. Ich bin froh, dass Nico diese Richtung in ihren faszinierenden Soloalben weiterverfolgte.

5 — I’m Waiting for the Man (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Obwohl der Song überwiegend aus Repetitionen besteht, wird die Spannung durchgängig aufrechterhalten. Die pochend gespielten Instrumente erzeugen eine unvergleichlich lebendige Atmosphäre und fangen das Gefühl der Ungeduld perfekt ein. Als ich die Band vor Jahren entdeckte, diente das Album und insbesondere der Song als Soundtrack für alle möglichen Erlebnisse und er versetzt mich bis heute augenblicklich in diese Zeit zurück. Daher ist er für mich definitiv ein Song für die einsame Insel.

4 — Heroin (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Großartig, wie der Drogenrausch hier mit dem immerwährenden Crescendo der Band zur musikalischen Erfahrung wird. Der schonungslose Text, die pochenden, herzschlagähnlichen Trommeln und ein unbeständiges Tempo vermitteln den Rausch auf eine unvergleichliche Weise. Tatsächlich ist es so eine eindrucksvolle Erfahrung, dass ich den Song oft überspringe, aber im richtigen Moment packt er mich wie kein anderer.

3 — What Goes On (The Velvet Underground, 1969)

Ich bin nicht sicher, ob dieser Song unter Gelegenheitsfans eine besondere Anerkennung findet, aber das sollte er. Er hat nicht nur einen eingängigen Text, sondern auch einen der mitreißendsten Instrumentalteile überhaupt. Ich könnte mir eine 30-minütige Jam-Session mit nichts als den Gitarren in diesem Song anhören und es würde nicht langweilig werden.

2 — Sister Ray (White Light/White Heat, 1968)

Mit ihrem 17-minütigen Epos reißt die Band gleich zu Beginn alle Wände ein und die Energie lässt nie nach. Auch nach zigfachem Hören erkenne ich hier und da noch neue Elemente. Lou Reed improvisiert endlos ausufernde Gitarrensoli aus der Hölle und die dröhnende Orgel klingt, als würde sie einen qualvollen Tod erleiden.

1 — Venus in Furs (The Velvet Underground & Nico, 1967)

Es gibt nicht genug Superlative, um diesen Song zu beschreiben. Er wirkt wie Narkotikum. Das verzerrte Dröhnen der Violine, die wummernden Trommeln und Lou Reeds teilnahmslose Gesangsdarbietung versetzen mich augenblicklich in einen Trance-ähnlichen Zustand. Ich hab ihn unzählige Male gehört und die Magie geht einfach nicht verloren. Einer der außergewöhnlichsten Songs, die je aufgenommen wurden.

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