Meine 5 meistgehörten Alben im zweiten Halbjahr 2023

Julian Mark
3 min readJan 12, 2024

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Ich hab zwar kein Spotify, um meine Hörstatistiken im Auge zu behalten (obwohl ich mehr und mehr mit dem Gedanken spiele), aber es gibt einige Alben, auf die ich das Jahr über immer wieder zurückgekommen bin. Sortiert nach Erscheinungsdatum.

The Band — The Band (1969)

Wenn mir alles andere zu anstrengend ist, oder wenn ich einfach nur irgendwas Entspanntes im Hintergrund laufen haben möchte, lande ich immer öfter bei The Band. Am Morgen, am Abend, allein oder in Gesellschaft. Ihre Musik hat sich schon so oft als richtige Wahl erwiesen, dass es inzwischen ganz automatisch passiert, aber ihr selbstbetiteltes Album ist das erste, das mir wirklich ans Herz gewachsen ist. Die Songs haben eine so angenehm unaufgeregte Atmosphäre, dass man das Gefühl hat, bei den Aufnahmen im Studio zu sitzen. Ich liebe auch die Vielseitigkeit auf dem Album. Der eine Song verstärkt gute Laune, der andere tröstet bei schlechter — und doch klingt alles kohärent, und jeder Song ist hervorragend positioniert. Man kann es einfach ganz entspannt durchlaufen lassen, und bei jedem neuen Song denkt man sich: „Oh, der ist super!“.

John Martyn — Bless the Weather (1971)

Entdeckt habe ich John Martyn in einem Reddit-Post, in dem jemand nach Empfehlungen für Musik ähnlich wie die von Nick Drake gefragt hat. Zwar ist die Musik von John Martyn ein klein wenig üppiger arrangiert, aber ich kann den Vergleich insbesondere in Bezug auf die Gitarre gut nachvollziehen. In seinem Spiel steckt so eine Ausdruckskraft, und gleichzeitig wirkt es so mühelos, als hätte die Gitarre ein Eigenbewusstsein und würde sich selbständig den Anforderungen des Songs anpassen. Ich liebe auch die Art und Weise, wie er beim Singen bestimmte Silben ausdehnt. Das Ganze hat etwas total Beruhigendes, beinahe Hypnotisches an sich. All das in Verbindung mit dem wunderbar wummernden Bass und den Improvisationen am Keyboard und dem Saxophon erzeugt eine so angenehm spätabendliche Stimmung, in der man sich einfach wunderbar verlieren kann.

XTC —Black Sea (1982)

Es ist mir ein absolutes Rätsel, warum ich bis vor ein paar Monaten noch nie von dieser großartigen Band gehört habe. Seitdem ich XTC entdeckt habe, setzt sich täglich mindestens einer ihrer Songs in meinem Kopf fest. Die Band hat ein großartiges Gespür für eingängige Melodien, und jeder Song steckt voller überraschender Wendungen — aber insbesondere die Songs auf Black Sea haben eine gewisse Punk-Mentalität, die einfach einen gewaltigen Spaß macht. Das gesamte Album ist für laute, energiegeladene Live-Auftritte konzipiert, und das spürt man zu jeder Sekunde. Die Intensität der Musik rückt wirklich alles andere in den Hintergrund. Und es nicht einen Song, bei dem ich nicht das Bedürfnis verspüre, die Lautstärke maximal aufzudrehen. Nicht gut für meine Ohren, aber es gibt kein Album in dieser Liste, das mir mehr Freude bereitet.

Weyes Blood — And In The Darkness, Hearts Aglow (2022)

Als ich das neue Album von Weyes Blood zu Beginn des Jahres das erste Mal gehört habe, konnte ich wochenlang nichts anderes hören. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber aus irgendeinem Grund ruft ihre Musik so eine nostalgische Stimmung in mir hervor, und das, obwohl ich sie erst vor gar nicht so langer Zeit entdeckt habe. Vielleicht sind es die Texte, vielleicht sind es bestimmte Elemente der Produktion, die irgendwelche tief vergrabenden Erinnerungen in mir hervorrufen. Ich weiß nur, dass ihre Musik und insbesondere dieses Album etwas in mir erreicht, an das sonst niemand herankommt. Sowohl die Produktion, als auch die üppig orchestrierten Arrangements verleihen mir immer wieder Gänsehaut, und ihre Stimme ist einfach nur umwerfend. Im November hab ich zum ersten Mal ein Weyes-Blood-Konzert besucht, und ich kann berichten, dass sie live mindestens genauso gut klingt, wie auf ihren Aufnahmen.

PJ Harvey — I Inside the Old Year Dying (2023)

Kennt ihr das, wenn man ein Album hört und erst überhaupt nichts damit anfangen kann, und dann kommt man Monate später darauf zurück und auf einmal hat Klick gemacht. Vielleicht habe ich etwas anderes erwartet. Aber was PJ auf diesem Album für einen Sound geschaffen hat, war von niemandem zu erwarten. Das Album ist irgendwo zwischen Indie-Folk und Post-Rock angesiedelt und enthält sowohl akustische als auch elektronische Elemente — ist aber insgesamt wesentlich reduzierter und experimenteller, als ihre frühere Musik. Die gesamte Klanggestaltung ist wie nichts, das ich zuvor gehört habe, mit subtiler Percussion, verfremdeten Gitarren-Effekten und Synthesizern, die bedrohliche Texturen erzeugen. Ihr gespenstischer, trällernder Gesang haucht den Songs eine gerade spirituelle Atmosphäre ein. Man muss sich darauf einlassen, aber wenn man diese Hürde überwunden hat, wird man förmlich in die Musik hineingezogen.

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